Montag. Anstrengend in die Woche zu kommen, wieder den Rhythmus der Arbeit zu finden. Viel ist zu tun, aber es fällt oft schwer konzentriert dabei zu bleiben. Die Freude auf das nächste Wochenende auf dem Boot motiviert aber jetzt schon wieder.
Im Laufe der Woche beginnen dann zwischendurch schon immer wieder die Vorbereitungen. Ein paar Kleinigkeiten besorgen, schon mal was lackieren, Material und Werkzeug in die Packtasche legen. Beim Einkaufen auch immer mal eine Kleinigkeit in den Wagen legen, welche dann auf dem Boot benötigt wird.
Die Arbeitswoche nimmt rasant jeden Tag mehr an Fahrt zu, immer mehr Dinge sind zu erledigen. Erste Zweifel kommen auf: „Schaffe ich das alles bis zum Freitag?“ Und . . . schneller als man dachte ist der Freitag da. Mittendrin im Arbeitsstress, alles so einigermaßen dann doch noch erledigt. Aber gerade deshalb und jetzt fällt das Umschalten dann doch immer sehr schwer. „Jetzt ein ruhiges Wochenende und mal nix machen, würde auch nicht schaden . . . “ denke ich. Die 180 Kilometer jetzt noch fahren? Den Ruhepol und die Konstante namens „Familie“ jetzt verlassen?
Nun gut, man hat es sich so vorgenommen, fährt dann auch los und mit jedem Kilometer Distanz zum Büro und zur Arbeit und mit jedem gewonnen Kilometer in Richtung Boot und Steg und Ruhe, steigt die Vorfreude. Das Hörbuch lässt die knappen 2 Stunden Fahrzeit schnell vorübergehen. Die gezwungenermaßen, moderate Geschwindigkeit in den Niederlanden, welche ich sehr schätze, sorgt dafür, das die Tankanzeige weiterhin im oberen Bereich bleibt und sich dort sehr wenig regt.
Ein gewisse Spannung befällt mich immer, wenn das Auto auf dem Parkplatz der Marina abgestellt ist. Wenn man dann in Richtung Steg läuft, die Barriere des Deiches überschreitet. Liegt das Boot noch da? Alles in Ordnung damit? Ist alles so, wie ich es verlassen habe? Ja. Alles genauso wie vor einigen Tagen. Jedesmal bin ich erstaunt.
Freude. Vor allem auf diese Stimmung am Steg, am Wasser, auf dem Boot. Diese Ruhe, das leise, sich immer wieder verändernde Geräusch des Wassers. Das Licht! Gerade jetzt in der Abendstunde. Wenn der Himmel klar ist, wenn die Sonne am Horizont versinkt. Schnell die Taschen an Bord bringen. Ein Glas Rotwein nehmen und einfach hinsetzen und schauen und genießen. Bis die Sonne am Horizont verschwindet. Viel zu schnell.
Der neue Liegeplatz. Beim letzten Mal habe ich das Boot umgesetzt. Mein alter Platz war an einem Steg mit Charterbooten, Schulungsschiffen, Incentivefirmen. Ich hatte das Gefühl, das es dort viel zu unruhig war. Zu viel Betrieb – zumindest für mich. Der Entschluss des Wechselns in einen anderen, ruhigeren Teil des Hafens war genau richtig. Weit und breit niemand an diesem Steg, nur ein älteres Ehepaar ein paar Liegeplätze weiter auf der anderen Stegseite – zumindest an diesem Wochenende. Hoffentlich bleibt es so.
Der Mond sorgt für Licht und Romantik.
Schöne Dinge und Eindrücke möchte und muss man aber auch irgendwie teilen. Sonst ist es nur halb so schön. WLAN funktioniert hier einwandfrei, ein Accesspoint ist an einem Mast ein paar Meter von der „Meerlust“ entfernt. Schnell ein „Selfie“ des einsamen Seebärs in der Abendstimmung gemacht und an die Familie gesendet. Vielleicht kann man ein wenig des Schönen vermitteln, ein wenig Nahrung der Hoffnung geben, das auch die Familienmitglieder dies mal erleben möchten.
Sobald die Sonne untergeht wird es empfindlich kalt. Schade. Jetzt rein in die Kajüte. Die Steckschoten rein, also Tür zugemacht. Ein wenig Arbeit lag noch vor mir. Die Wasserpumpe war defekt. Eine neue hatte ich besorgt und wollte nun eingebaut werden. Meistens klappt es ja nicht so recht zufriedenstellend mit den ganzen Arbeiten und Reparaturen. Irgendwas geht immer schief und muss nachgearbeitet werden. Nicht so an diesem Abend! Alles perfekt mit dem Einbau, funktioniert auf Anhieb alles. Dann noch das Essen zubereitet und das war dann auch schon der erste Abend dieses Wochenendes!
Ein herrlicher Samstag morgen. Lange schlafen, dann auf das Frühstück freuen.
Wind ist keiner da, auch deshalb wird dann die ToDo Liste aus der Kladde an diesem Samstag abgearbeitet. Der ganze Tag ist mit Arbeit ausgefüllt. Am Nachmittag dann ein Spaziergang entlang der Küste. Die anderen Boote beobachten. Viele sind nicht mehr draußen um diese Zeit. Ein Reiher fühlt sich von mir gestört und fliegt immer wieder vor mir von links nach rechts.
Der Abend kommt, die Abendstimmung, morgen am Sonntag werde ich wieder segeln.
Es klappt immer besser. Die Vorrichtungen am Steg mit Sorgleinen und Fender helfen beim Ablegen. Das Boot dreht weiter rückwärts einfach nicht ein. Da muss ich mir eine andere Taktik beim nächsten Mal zu recht legen. Die Angst weicht jedenfalls alleine loszufahren. Es ist nur noch Respekt da. Das sollte auch besser so bleiben. Auch das Segelsetzen klappt ganz gut. Allerdings ist es weiterhin aber schwer das Boot alleine im Wind zu halten. Zu viel Winddruck von der Seite – ich bekomme die Fock einfach nicht hoch und durchgesetzt. Auch bleiben die Probleme beim Wenden. Die Vorschoten bleiben permanent bei diesem Manöver an den Mastklampen hängen. Da muss ich einfach zu oft nach vorne auf das Deck laufen. Und wenn ich diese frei habe, bleibt das Vorsegel dann an den Wanten hängen. Nein, das kann es noch nicht sein. Ich habe viel gelesen darüber, ähnliche Probleme haben einige. Es gibt auch keinen allgemeingültigen Tipp, wie es funktionieren kann. Das muss individuell rausgefunden werden. Ich bleibe dran.
Nach einigen Stunden auf dem Ijsselmeer flaut es erheblich ab, ich nehme Kurs auf den Heimathafen. Das Anlegemanöver klappt fast ideal. Ein wenig zu hektisch von mir. Da noch mehr Ruhe reinbringen, dann bin ich damit zufrieden. Schnell muss man trotzdem sein als Einhandsegler.
Das Boot wird dann klar gemacht, alles verstaut, gepackt und ausgecheckt. Die Rückreise steht an.
„Bis zum nächsten Jahr!“ höre ich dann auf dem Steg. Das ältere Ehepaar ruft von weitem und verabschiedet mich. „Nein, Nein . . . in ein bis zwei Wochen bin ich wieder da“ sage ich.
Ja, nur WIR gehen auf „große Fahrt“ . . .
Erst auf dem Weg zum Parkplatz wird mir bewusst, was wahrscheinlich gemeint war. Das Rentnerehepaar wird in den Süden fahren und dort überwintern. Das ist die einzige Erklärung für diese Verabschiedung. Mit dem Segelboot. Respekt. Ich bin nachhaltig beeindruckt.